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"Hören Sie mit dieser Märchenstunde auf!"

Veröffentlicht am 01.12.2010 in Bundestag

Der Bundestagsabgeordnete Rolf Schwanitz sprach in der 76. Sitzung des Deutschen Bundestages am 26.11.2010 in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 10 - Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Hier finden Sie nun seine Rede im Wortlaut und als Videomitschnitt.






Rolf Schwanitz: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jenseits des politischen Streits, Frau Ministerin, will ich zu Beginn schlicht und einfach ein herzliches Dankeschön an Sie und die Haushaltsabteilung Ihres Ministeriums für die Informationen und die Zusammenarbeit bei der nicht einfachen Beratung sagen.

Wir haben heute die zweite und dritte Lesung. Eigentlich könnte ich erneut meine Rede aus der ersten Lesung halten; denn die Chance, diesen verkorksten Einzelplan 10 zu verbessern, ist nicht genutzt worden. Ich halte dies schlicht und einfach einmal fest.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe damals auf drei grundsätzliche Defizite dieses Einzelplans 10 hingewiesen. Erstens. Der Einzelplan 10 mutiert immer mehr zu einem dauerhaften Subventionshaushalt. Zweitens. Die Strukturpolitik bzw. die investiven Elemente im Einzelplan 10 nehmen immer mehr ab. Drittens. Noch immer nehmen wir bei dem wichtigen Aspekt der Verbraucherpolitik eine Leerstelle wahr. Es ist quasi keine Bewegung nach vorne zu spüren.

(Beifall bei der SPD)

All diese drei Punkte bestehen auch nach der parlamentarischen Beratung fort.

(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Haben Sie den falschen Zettel in der Hand?)

Eigentlich muss man hinzufügen: Durch die parlamentarische Beratung ist die Lage an wichtigen Stellen sogar schlechter geworden; darauf werden wir noch zu sprechen kommen müssen.

Ich will für die Öffentlichkeit festhalten: Sie steigern die Subventionen, die Sie hier im Gießkannenprinzip ausbringen – sie sind in der schwierigen Preissituation der Milchbauern geboren –, in 2011 noch einmal um 300 Millionen Euro. Zusammen mit dem Vorjahr werden es bis Ende 2011 insgesamt 700 Millionen Euro sein, die zusätzlich ausgeschüttet werden.

(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: So haben wir es versprochen, und so halten wir es auch! – Peter Bleser [CDU/CSU]: Das wissen wir! Nicht so viel, wie die Automobilindustrie bekommen hat!)

Sie agieren nicht problembezogen, sondern mit der Gießkanne. Sie agieren nicht investiv, sondern laufen der Marktentwicklung rein konsumtiv hinterher. Darüber hinaus hat Ihre Politik Schlagseite in den süddeutschen Raum. Das ist Vergangenheitspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Doch damit nicht genug. Sie steigern die Subventionen beim Agrardiesel ab 2011 um weitere 260 Millionen Euro pro Jahr. Dies sind dauerhafte Subventionen, die künftig Jahr für Jahr anfallen und gegenfinanziert werden müssen.

(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Was will denn die SPD?)

Das ist reine Klientelpolitik à la CSU.

(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Blödsinn! Sie haben nicht zugehört!)

An anderer Stelle in diesem Bundeshaushalt – das will ich Ihnen nicht ersparen – werden Leistungen für Arbeitslose, für Familien und für sozial Schwache zusammengestrichen. Das hat mit einem Zukunftspaket – ich will dieses „BMF-Sprech“ noch einmal in den Mund nehmen; so ist es nämlich tituliert worden – rein gar nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegenteil: Ich habe viele Einzelplanberatungen in dieser Woche gehört. Die Koalition klopft sich bei jedem Einzelplan ob der Haushaltskonsolidierungen, die da vorgenommen würden, auf die Schultern. Hier werden aber weiterhin neue Dauersubventionen, deren Volumen pro Jahr größer als eine Viertelmilliarde Euro ist, ausgebracht. Das ist die Situation. Noch nie sind Wort und Tat so weit auseinandergefallen, wie es hier momentan der Fall ist.

(Beifall bei der SPD)

Der Preis, den die Agrarpolitik dafür zu zahlen hat, ist hoch; denn die Investitionen und die Förderprogramme werden zusammengestrichen: 100 Millionen Euro weniger bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ und 50 Millionen Euro weniger im Investitions- und Programmhaushalt, um hier nur die größten Brocken zu nennen.

Ich erinnere an den Koalitionsvertrag. Dort ist ausgeführt, dass die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ eigentlich ausgebaut werden soll. Nun opfern Sie dieses Projekt des Koalitionsvertrages – es ist erst ein Jahr her, dass das niedergeschrieben wurde – zugunsten einer dauerhaften, neuen Subventionspolitik. Das ist die Situation.

(Beifall bei der SPD)

Damit werden 2011 Ausgaben in Höhe von 165 Millionen Euro für die Strukturpolitik in den ländlichen Räumen und für die Landwirtschaft verschwinden; denn es geht nicht nur um die 100 Millionen Euro des Bundes, sondern auch um Landesmittel in Höhe von 65 Millionen Euro, die quasi nicht mehr aktiviert werden können. Das ist eindeutig eine rückwärtsgewandte Politik.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin mir sicher, dass es noch in einem anderen Punkt ein böses Erwachen bei den Landwirten geben wird. Die globale Minderausgabe in Höhe von 50 Millionen Euro, die der ursprüngliche Entwurf als Gegenfinanzierung vorsah, haben Sie nur zur Hälfte aufgelöst. Bis jetzt weiß niemand, wo die anderen 25 Millionen Euro eingespart werden müssen. Das wird wahrscheinlich bei weiteren Programmtiteln der Fall sein. Damit ist der Protest vorprogrammiert.

Ich möchte aus dem wunderbaren 3 Millionen Euro teuren Brief von Frau Merkel zitieren, der in allen Zeitungen zu lesen war:

Wir sparen, um handlungsfähig zu bleiben und investieren zu können.

Den Einzelplan 10 kann Frau Merkel dabei nicht im Blick gehabt haben. Hören Sie mit dieser Märchenstunde auf!

(Beifall bei der SPD)

Zu diesem Bild einer rückwärtsgewandten Politik – das haben eigentlich alle angesprochen; ich erspare es Ihnen auch nicht – gehört auch das, was beim Ökolandbau geschieht. Sie haben das Bundesprogramm „Ökologischer Landbau“ nun auch für sogenannte andere geöffnet. Das bedeutet faktisch eine Reduzierung für diejenigen, die es eigentlich brauchen. Das Signal an die konventionelle Landwirtschaft ist schlicht und einfach fatal. Herr Haustein, ich finde es schäbig, dass das Ministerium zuerst das Ganze so organisiert, dass die Fördermittel für die Forschungsvorhaben nicht vollständig abfließen, um dann mit Hinweis darauf zugunsten von Kürzungen zu argumentieren. Schauen Sie sich die Briefe an, die von den Verbänden kommen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Haltlose und falsche Unterstellungen!)

Ich habe gelesen, dass das Haus schon am 17. November mit sofortiger Wirkung die Bewilligung der Bescheide gestoppt hat.

(Ulrich Kelber [SPD]: Aha!)

Abgesehen von der Frage, ob das der geltenden Rechtslage entspricht – wir sind schließlich noch in der zweiten bzw. dritten Lesung –, scheint das Haus förmlich darauf gewartet zu haben, endlich beim Ökolandbau zuschlagen zu können. Das ist entlarvend.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Abschließend möchte ich eine Bemerkung zur Verbraucherpolitik machen. Das, was Sie bei der Stiftung Warentest machen – Frau Aigner, Sie haben sich gerade noch selber dafür gelobt –, ist ein echtes Danaergeschenk. Die Erhöhung des Stiftungskapitals bezahlt die Stiftung mit einer überproportionalen Kürzung der Zuführungen. Da wird nicht mehr, sondern weniger Verbraucherpolitik ankommen. Das werden die Menschen im Lande merken.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir unterstützen das nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)
 
 

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