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Lage in Europa und Finanzhilfen für Griechenland

Veröffentlicht am 20.07.2015 in Bundespolitik

Lesen Sie die Rede von Bundesminister Sigmar Gabriel zur Debatte für ein neues Verhandlungsmandat über Hilfe für Griechenland vom 17. Juli 2015 im Deutschen Bundestag.

 

Wir sind heute zusammen gekommen, um über ein Verhandlungsmandat für ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland zu entscheiden.

Für die Sozialdemokratische Partei kann ich sagen: wir sagen Ja zur Aufnahme der Verhandlungen über dieses dritte Hilfspaket.

Denn Europa hat am letzten Wochenende eine Bewährungsprobe bestanden. Es ging nicht nur um Griechenland am letzten Wochenende, sondern auch darum, ob die Eurozone und damit ganz Europa sich spaltet: In Nord und Süd und Ost und West.

Diese Spaltung hätte Europa in eine viel tiefere Krise geführt als nur in eine Finanzkrise. Es wäre womöglich der erste Schritt zur Zerstörung all dessen gewesen, was unsere Eltern und Großeltern nach zwei bitteren Weltkriegen aufgebaut hätten.

Deshalb sind wir Sozialdemokraten allen dankbar, die am letzten Wochenende mitgeholfen haben, dass Europa diese Bewährungsprobe besteht und zusammen hält. Europa hat gezeigt, dass wir nicht nur eine Schönwetter-Veranstaltung sind, sondern auch tiefe Krisen gemeinsam bewältigen will.

Und es ist gut, dass dabei Deutschland und Frankreich dabei gemeinsam und entschlossen die Führung übernommen haben. Es ist übrigens auch gut für Deutschland, dass Frankreich dabei auch wieder eine europäische Führungsrolle eingenommen hat. Denn der Eindruck – ob berechtigt oder nicht – dass allein Deutschland Europa führt, der tut nicht nur Europa nicht gut, sondern auch uns Deutschen nicht.

Für uns Sozialdemokraten war das von Anfang an die zentrale Bedingung für unsere Zustimmung zu jedwedem Verhandlungsergebnis: Deutschland und Frankreich müssen ihrer besonderen Verantwortung für Europa gerecht werden, zusammen stehen und gemeinsam Europa zusammen halten.

Dafür, dass das gelungen ist, dafür danken wir der deutschen Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten heute aus ganzem Herzen.

So sehr wir diese europäische Bewährungsprobe bestanden haben, so wenig sind allerdings „über den Berg“. Denn das Verhandlungsmandat ist für alle Seiten eine Herausforderung, die durch die konkrete Umsetzung erst noch bestanden werden will.

Die größte Herausforderung ist es für Griechenland. Denn das Land steckt nicht nur in einer tiefen Krise, sondern es muss sich dramatisch verändern, um aus dieser Krise wieder heraus zu finden.

Die Bedingungen für das dritte Hilfspaket sind hart, das sollten wir nicht verschweigen. Sie wären übrigens weitaus leichter gewesen, wenn die griechische Regierung vor wenigen Wochen nicht aus den Verhandlungen ausgestiegen wäre.

Und trotzdem sage ich: der griechische Ministerpräsident und das griechische Parlament haben sich jetzt entschieden, mit zu ziehen. Sie haben sich entschlossen, die für das Land ebenso notwendigen wie  schwierigen Reformen anzupacken.

Was immer man von der Politik der letzten Monate halten mag: Griechenland kämpft um seine Selbstbehauptung. Es kämpft darum, in Europa geachtet zu werden.

Und es kämpft darum, endlich aus dem Status eines Almosenempfängers heraus zu kommen und selbst sein Schicksal zu bestimmen. Als ein vollwertiges Mitglied des Euroraumes. Und dieser Kampf um seine Selbstbehauptung und wohl auch um seine Selbstachtung der hat durchaus auch etwas Großartiges an sich.

Wir alle sollten dafür großen Respekt empfinden und nicht mehr zurückblicken, sondern sagen: die griechische Regierung hat sich jetzt klar für Hilfe zur Selbstbehauptung entschieden statt dauerhaft Almosenempfänger zu sein. Dafür hat sie jetzt jede denkbar Hilfe und Unterstützung verdient. Wir sind Partner in der Umsetzung des Verhandlungsergebnisses und nicht Gegner.

Und für uns in Deutschland heißt das: jede Debatte um einen Grexit muss der Vergangenheit angehören. Kein Jammern und Klagen mehr über die Vergangenheit, keine Schulzuweisungen, keine Vorwürfe und kein wiederkehrendes Spiel mit dem Austritt Griechenlands aus der Eurozone.

Am letzten Wochenende hat ein Neustart stattgefunden. Jetzt geht es nur noch um eines: was wir verabredet haben, gemeinsam mit Griechenland zum Erfolg zu führen.

Ja, die Bedingungen des dritten Hilfsprogramms sind hart. Der Verbleib Griechenlands im Euro wird noch viel Kraft, Konzentration und Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten verlangen.   Aber sie enthalten endlich auch Maßnahmen, die dem Land nicht nur Sparauflagen diktieren.

Denn seien wir ehrlich:

Griechenland ist zwar nicht durch die Austeritätspolitik in seine katastrophale Finanzlage gekommen, wie manche behaupten. Die Schulden waren vor den ersten Hilfsprogrammen schon so hoch wie heute. 

Zur Wahrheit gehört aber auch: diese Austeritätspolitik der letzten Jahre, der permanente Sparzwang hat die Schulden nicht verringert, sondern im Gegenteil: die Schuldentragfähigkeit des Landes ist dadurch immer schlechter geworden, weil es fast völlig an Initiativen für Wachstum und Beschäftigung gefehlt hat.

Und die zum Teil ernüchternde Rettungspolitik hat in Griechenland selbst zur wirtschaftlichen Blockade geführt, deren Ursachen auf ein völlig unzureichendes politisch-administratives System zurückzuführen ist.  Und aus dieser wirtschaftlichen ist eine politische Verunsicherung geworden, die bis in den Kern Europas reicht.

Wir müssen uns ehrlich machen: Der Bundestag hat zwei Rettungsprogramme für Griechenland beschlossen, die beide nicht zum Erfolg geführt haben.

Deshalb müssen wir jetzt, wo wir ein drittes Programm vor Augen haben, auch mal eine Analyse vornehmen, was eigentlich in der Vergangenheit schief gelaufen ist.

Wir haben unterschätzt, wie groß die institutionellen Probleme Athens waren; wie hartnäckig ein blockiertes politisches System die ökonomische Gesundung erschwert.

Zudem hat der IWF schon 2013 eine Analyse zu Griechenland veröffentlicht, die beachtenswert ist. Die Experten dort haben zugegeben, die Tiefe und die Dauer der Rezession und die Höhe der Arbeitslosigkeit unterschätzt zu haben. Daraus hat sich eine Abwärtsspirale ergeben – tiefe Rezession, hohe Verschuldung.

Der IWF hat auch geschrieben, dass die Lasten der Anpassung auf alle sozialen Schichten verteilt sein müssen.

Und das heißt auch im solidarischen Europa: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache, wenn politische Unterstützung und Legitimation für Reformen nicht wegbrechen soll.

Folgt man diesen Punkten, dann braucht Europa eine investitions- und wachstumsfreundliche Politik, die ebensoviel Wert auf soziale Gerechtigkeit legt.

Nur so können wir erfolgreich sein. Diese Überzeugung des IWF teile ich! Hier müssen wir besser werden, damit Europa besser wird!

Gerade deshalb ist es doch richtig, dass sich in Europa seit der Wahl von Jean-Claude Juncker zum EU-Kommissionspräsidenten endlich etwas an dieser Politik ändert. Gemeinsame mit dem Präsidenten der Europäischen Parlaments Martin Schulz sind endlich Wachstumsinitiativen entwickelt worden. Denn auch in Portugal und Spanien ist die Arbeitslosigkeit noch viel zu hoch. Nur sparen hilft nichts. Das weiss übrigens auch jedes Unternehmen: nur investieren bringt neuen Erfolg.

Und auch wir Deutschen wissen das doch. Oder sind wir durch die Finanzkrise 2008 gekommen, weil wir nur die Löhne und Renten gesenkt hätten, die Steuern erhöht und die Mitbestimmung außer Kraft gesetzt hätten? Nein, das Gegenteil war der Fall: wir haben ein großes Konjunkturprogramm gestartet, das Kurzarbeitergeld genutzt und in Wachstum und Arbeit investiert.

Es gab allerdings einen großen Unterschied: nicht nur, dass wir unsere Sozialreformen bereits auf den Weg gebracht hatten, wir waren und sind auch ein Land, dass Strukturen besitzt, in denen Wachstumsprogramm funktionieren. Und genau das ist in Griechenland nicht der Fall.

Denn zur Wahrheit gehört auch: das Land ist für Investitionsprogramme heute nicht ausreichend aufnahmefähig. Denn das weitgehende Fehlen von funktionsfähigen staatlichen Strukturen, Korruption, Steuerhinterziehung und Klientelismus zerstört ja nicht nur die finanzielle Handlungsfähigkeit eines Staates, sondern es macht den Staat auch völlig unfähig, wirtschaftliches Wachstum zu befördern und soziale Sicherungssysteme aufzubauen.

Deshalb hilft es auch nichts, Griechenland einfach nur Geld zur Verfügung zu stellen. Auch ein Schuldenschnitt oder gar der Austritt aus der Eurozone würde an diesen für die Menschen in Griechenland so katastrophalen Zuständen doch  nichts ändern.

Gerade deshalb ist der Weg zur Hilfe für Griechenland über ein weiteres Hilfsprogramm, das an klare Bedingungen geknüpft ist, der richtige Weg. Denn es geht im Kern um die Veränderung der politischen Strukturen des Landes.

Das Land endlich aus den Händen seiner alten, verantwortungslosen Eliten in Wirtschaft und Politik zu befreien, ist es übrigens, was uns mit der Mehrheit der Menschen in Griechenland verbindet und auch mit der neuen griechischen Regierung.

Und Europa – auch Deutschland – muss sich den Vorwurf gefallen lassen, viel zu lange dem alten System tatenlos zugeschaut zu haben. Dieses Wegschauen rächt sich jetzt bitter: für die Menschen in Griechenland ebenso wie den Rest der Eurozone.

Das ist übrigens eine Lehre aus dieser Krise: nie wieder wegschauen – weder bei finanziellen Regelverstößen in Griechenland noch bei Korruption, mangelnder Rechtsstaatlichkeit oder bei Diskriminierung von Minderheiten wie den Sinti und Roma und dem Verstoß gegen demokratische Grundregeln Europas, in anderen Ländern Europas. Und übrigens auch nicht beim Versagen Europas in der Flüchtlingspolitik.

Deshalb muss jetzt dieser Aufbau handlungsfähiger staatlicher Strukturen in Griechenland aus meiner Sicht auch im Mittelpunkt des dritten Hilfsprogramms stehen. Hand in Hand mit dem Aufbau dieser staatlichen Strukturen können dann die Wachstumsprogramme, die es endlich gibt, auch greifen.

Und dafür bedarf es noch mehr Hilfe, als in dem Verhandlungsergebnis des letzten Wochenendes steht. Wir Sozialdemokraten wollen deshalb Herr Bundesfinanzminister, dass bei den jetzt beginnenden Verhandlungen noch weitere Maßnahmen in das Verhandlungspaket aufgenommen werden:

Wenn 2000 griechische Beamte in der EU-Kommission arbeiten, dann soll die EU-Kommission diese Beamten in Zusammenarbeit mit der griechischen Regierung nach Griechenland entsenden. Wie wär es, wenn wir ein Sabattical für griechische Beamte der EU anbieten würden, bezahlt durch die EU-Kommission, um mitzuhelfen in ihrem Heimatland Wachstumsprogramme abzurufen und richtig einzusetzen, um eine Steuerverwaltung aufzubauen und beim Aufbau verlässlicher staatlicher Strukturen zu helfen?

Uns fehlt im verhandelten Programm auch die gemeinsame Verpflichtung aller Eurozonen-Staaten, auf Antrag der griechischen Regierung die Vermögenswerte griechischer Steuerflüchtlinge einzufrieren, die in den letzten Monaten und Jahren ihr Geld aus dem Land gebracht haben.

Denn die haben doch in Berlin, London, Paris und Amsterdam ihre Häuser gekauft. Und wir dürfen nicht der Rückzugsraum für asoziale griechische Superreiche sein, die sich zu Hause ihrer Verantwortung entziehen.

Uns fehlen im Programm konkrete Aufträge zum Aufbau von sozialen Sicherungssysteme. Denn es darf nicht so weiter gehen, dass die einzige soziale Sicherung die Rente ist. Heute leben ganze Familien davon, dass wenigstens ein Familienmitglied Rente bezieht, weil es keine anderen Sicherungen geht. Auch das gehört noch in das Programm.

Und ganz schnell braucht Griechenland auch ein Hilfsprogramm für seine Krankenhäuser und die medizinische Versorgung. Damit dürfen wir nicht bis zum Abschluss der Verhandlungen warten.

Wir haben heute aber nicht nur die Aufgabe, über das Verhandlungsmandat zu entscheiden. Sondern wir haben heute – und vermutlich noch deutlich länger als heute - auch die Aufgabe, gegenüber unserer Bevölkerung zu erklären und zu rechtfertigen, warum wir das tun.

Denn wir sind die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Gewählt, um nach bestem Wissen und Gewissen auf Zeit in ihrem Namen über das Wohl unseres Landes – und ich füge hinzu – auch über unseren Beitrag zum Wohl Europas zu entscheiden.

Und wir alle wissen: es gibt in der deutschen Bevölkerung viel Unverständnis und viel Ablehnung gegenüber einem weiteren milliardenschweren Hilfspaket für Griechenland. Und lassen wir uns ehrlich sein: Der Hinweis, dass wir Europa zusammen halten müssen, ist für viele Menschen zu abstrakt und noch keine ausreichende Begründung.

Worauf wir uns aber bei unserer Bevölkerung verlassen dürfen, ist ihre große Mitmenschlichkeit. Deutschland ist ein starkes aber auch ein mitfühlendes Land geworden. Das zeigt sich gerade in diesem Monaten übrigens auch in den tausenden von Flüchtlingsinitiativen in unserem Land.

Und ich finde nicht, dass das wichtigste Argument dabei ist, dass wir Deutsche bei einem Grexit nochviel mehr Geld verlieren würden. Europa ist keine Idee, wo man immer nur danach entscheidet, wo man am wenigsten zahlen muss oder am leichtesten Beute macht.

Europa ist im Kern eine Idee vom Zusammenleben der Menschen. Von Freiheit, von Verantwortung und von Mitmenschlichkeit. Und das wichtigste Argument für die Bereitschaft ein drittes Hilfspaket ist diese Mitmenschlichkeit.

Die Menschen in Griechenland sind unsere Nachbarn, wir fahren dorthin in Urlaub und tausende leben hier mit uns in Deutschland. Wir können und dürfen Griechenland nicht alleine lassen. Wir wollen keine hungernden Kinder, keine bettelnden Rentner und keine Suppenküchen in Europa. Ich bin sicher, die allermeisten Deutschen werden das verstehen.

Und auch, wenn wir jetzt wieder Kredite und Bürgschaften vergeben: in Deutschland wird dadurch kein Kindergarten weniger gebaut, keine Straße weniger saniert und keine soziale oder kulturelle Einrichtung weniger gefördert.

Aber wenn Europa nicht zusammen hält, wenn die Währungsunion instabil würde, dann allerdings wäre auch der Wohlstand und die soziale Sicherheit Deutschlands in Gefahr.

Denn die Wahrheit ist nicht, dass wir die Lastesel Europas sind und alles nur auf deutsche Schultern gepackt würde. Deutschland ist seit 60 Jahren der Gewinner Europas: wirtschaftlich, sozial, kulturell und auch politisch. Und wenn wir jetzt in Griechenland und in Europa investieren, ist das nicht nur recht und billig, sonder es ist vor allem die Voraussetzung dafür, dass auch unsere Kinder noch gut und sicher leben können.

Manchmal hilft dabei ein Blick von außen: Ich bin in der vorletzten Nacht aus China zurückgekehrt. Von dort aus gesehen ist klar, dass Europa bei allen nationalen Unterschieden viele gemeinsame Werte teilt. Werte, die Europa stark und anziehend zugleich gemacht haben.

Diese Stärke, diese Kraft der Erneuerung und seine Attraktion sind es, die Europa für unzählige Menschen noch immer zum Sehnsuchtskontinent werden lassen.

Klarer sieht man aus dem großen China aber auch: Europa wird sich im 21. Jahrhundert nur dann in der Welt behaupten können, wenn es solidarisch zusammenhält.

So sehr wir uns gelegentlich über unsere wirtschaftlichen Erfolge freuen in Deutschland: Als 80-Mio.-Einwohner-Land machen wir schon heute nur noch 1 % der Weltbevölkerung aus – mit abnehmender Tendenz. Wenn ein Land von Europa profitiert, dann war und ist es unser Land. Schon deshalb müssen wir ein vitales Interesse an einem solidarischen Europa haben. Ich bin sicher, auch das verstehen die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sehr wohl.

Und weil wir alle sehr auf die Mitmenschlichkeit der Deutschen vertrauen dürfen, sollten wir alles unterstützen, was es an denkbaren Hilfsinitiativen aus unserem Land geben kann:

Dort, wo Städtepartnerschaften bestehen, bitten wir die Kommunen zu überlegen, was sie an Hilfe anbieten können.

Wir bitten die Wohlfahrtsverbände mit ihren griechischen Partnern gemeinsame Projekte zu starten.

Und wir rufen die deutschen Unternehmen auf, bei Ausbildung, Qualifizierung und auch bei Investitionen mitzuhelfen in Griechenland.

Und wir sollten auch prüfen, ob wir solche Hilfen von Kommunen, Wohlfahrtsverbänden oder Unternehmen nicht auch finanziell fördern und begleiten.

Wir sind ein starkes Land. Setzen wir diese Stärke jetzt für Griechenland ein. Es lohnt sich für uns alle.

Die Krise der letzten Jahre auf unserem Kontinent hat wesentliche Schwachstellen der europäischen Architektur aufgedeckt. Die Entwicklung in Europa droht nach 60 Jahren zum ersten Mal umzukehren.

Europafeindliche, rechtspopulistische Parteien sitzen nicht mehr nur in den Parlamenten, sondern inzwischen auch in einigen Regierungen.

Wir müssen in den nächsten Monaten und Jahren viel dazu beitragen, diesen verhängnisvollen Entwicklungen Einhalt zu gebieten.  Ich bin deshalb davon überzeugt, dass Europa mehr und bessere Zusammenarbeit braucht!

Größer noch als die Bewährungsprobe wird dabei übrigens der menschliche Umgang mit den großen Flüchtlingswellen sein. Dabei geht es um mehr als ums Geld. Es steht dabei gerade die humane Orientierung Europas auf dem Spiel. Und auch da dürfen wir nicht wegschauen. Auch dabei müssen jetzt Deutschland und Frankreich voran gehen, um eine menschliche und hilfsbereite Flüchtlingspolitik zu schaffen.

Und natürlich geht es auch dabei immer wieder ums Geld. Ebenso übrigens, wie wir in Zukunft beim Aufbau der Ukranie gefordert werden.

Und deshalb kann es nicht so weiter gehen, dass wir alle finanziellen Lasten immer nur auf unsere Bürger und den Mittelstand packen. Wir müssen endlich auch diejenigen zur Verantwortung ziehen, die in Europa Milliarden verdienen, sich aber durch die egoistische und dumme europäische Steuerpolitik ihrer Verantwortung entziehen. Es kann nicht so weitergehen, dass jeder Bäckermeister in Berlin höhere Steuersätze zahlt als Amazon, Google oder Starbucks. 1,5 Billionen € gehen Europa dadurch jährlich verloren, sagt die EU-Kommssion. Deutschland alleine 150 Milliarden €. Statt uns über die Kosten der Flüchtlingsunterbringung zu streiten, sollten wir lieber endlich gemeinsame Grundlagen für die Unternehmensbesteuerung in Europa schaffen.

Und wenn wir den Euro wirklich zu einer echten und krisenfesten Währung machen wollen, dann brauchen wir mehr als die Einhaltung fiskalischer Regeln. Dann muss auch eine Verantwortung für Investitionen geben, automatische Stabilisatoren und einen Euro-Haushalt.

Eine bessere wirtschaftliche Kooperation, eine effizientere Steuerung für den Euro und mehr Demokratie: So könnte eine langfristig angelegte Bewältigung der gegenwärtigen Krise aussehen. Aber allzu lange dürfen wir nicht warten, um beherzt mit unseren französischen Freunden gemeinsame Schritte voran zu gehen.

Ich bin überzeugt: Deutschland kann und sollte seinen Anteil daran und seinen Beitrag für den Zusammenhalt Europas leisten.

 
 

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