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Dr. Marlies Volkmer zum Thema: "Für ein modernes Patientenrechtegesetz"

Veröffentlicht am 25.05.2010 in Bundestag

In der 43. Sitzung des Deutschen Bundestages befasste sich der Deutsche Bundestag mit dem Antrag von Dr. Marlies Volkmer und weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD "Für ein modernes Patientenrechtegesetz" (Bundestagsdrucksache 17/907)

Dr. Marlies Volkmer aus Dresden durfte den Antrag in den Bundestag einbringen und als Erste Rednerin das Wort ergreiffen.

Dr. Marlies Volkmer: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorige Woche, auf dem Deutschen Ärztetag,
ließ Dr. Frank Ulrich Montgomery, Vizepräsident der Bundesärztekammer, verlauten, dass Vertrauen zu den Ärzten mehr zähle als das formale Recht. Im Originalton:

Patienten muss man in Deutschland nicht schützen –
schon gar nicht vor ihren Ärzten.

Nun wollen wir die Patienten in Deutschland nicht vor den Ärzten schützen. Wir wollen auch kein Patientenschutzgesetz – das wollen Union und FDP; zumindest haben sie das in den Koalitionsvertrag geschrieben.

Für die SPD haben die Patientenrechte schon immer einen hohen Stellenwert. In unserer rot-grünen Zeit haben wir in dieser Hinsicht viel auf den Weg gebracht. Das hat dem deutschen Gesundheitssystem insgesamt gutgetan.

(Zwischenruf: Lars Lindemann [FDP]: Ach?)

Ich erinnere an die Unabhängige Patientenberatung. Ich erinnere an die Mitwirkung der Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss. Wir haben etabliert, dass es in der Bundesregierung eine Vertrauensperson für die Patientinnen und Patienten gibt. Die Funktion des
Patientenbeauftragten fußt auf einem rot-grünen Gesetz.

Leider können wir im Moment nicht sehen, dass der jetzige Patientenbeauftragte trotz aller Bemühungen viel bewegen könnte. Ihm scheint der Rückhalt in der eigenen Regierung zu fehlen.

Wenn es anders wäre, stünde die Unabhängige Patientenberatung jetzt nicht im Regen, sondern es wäre längst alles geregelt für den Fortbestand der Unabhängigen Patientenberatung.

Warum brauchen wir ein Patientenrechtegesetz? Ich
frage Sie: Sind Sie schon einmal vor einer ärztlichen Diagnose oder Therapie nicht umfassend aufgeklärt worden? Kennen Sie vielleicht aus den Sprechstunden Bürger, die versucht haben, vom Krankenhaus die Dokumente
zu der Behandlung ihrer verstorbenen Angehörigen zu erhalten? Musste schon einmal jemand aus Ihrer Familie oder aus Ihrem Freundeskreis prozessieren, um nach einem Behandlungsfehler Schadenersatz oder
Schmerzensgeld zu erhalten? Diese Liste könnte ich beliebig fortführen. Ich habe diese Beispiele gebracht, um deutlich zu machen, wo Regelungslücken sind.

Natürlich haben die Patienten in Deutschland bereits Rechte; aber viele kennen ihre Rechte nicht. Das liegt zum Großteil daran, dass die Vorschriften in unterschiedlichen Gesetzen aufgeschrieben sind. Deswegen wollen wir zum Beispiel die Rechte und Pflichten aus dem Behandlungsvertrag in einem Patientenrechtegesetz normieren.

Es gibt Regelungen, die schlicht unzureichend sind. Diese Regelungen wollen wir angehen. Ich kann hier nur auf einige Punkte eingehen, Stichwort Patientensicherheit. Patienten haben das Recht auf eine sichere Behandlung; doch in deutschen Krankenhäusern sterben durch
unerwünschte Ereignisse mehr Patienten, als Menschen bei Verkehrsunfällen sterben, und zwar dreimal so viele. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit hat im Jahr 2007 eine Untersuchung vorgelegt, nach der in der Chirurgie
jährlich mindestens 200 Seiten- und Eingriffsverwechslungen vorkommen. Das ist nicht akzeptabel.

Natürlich müssen die Einrichtungen zunächst einmal selbst schauen, was organisatorisch verändert werden kann. Wir sind allerdings der Meinung, dass die Vermeidung von Fehlern und der Umgang mit Fehlern, ein Fehlermanagement, in den deutschen Krankenhäusern erst
noch etabliert werden muss.

Erforderlich ist auch die Einführung eines zentralen Melderegisters, das auf die Vermeidung von Fehlern ausgerichtet ist. Und: Fehler müssen bekannt werden, und zwar deswegen, damit man sie zukünftig vermeiden kann.

Deshalb müssen Beschäftigte, die einen eigenen oder einen fremden Fehler melden, vor arbeitsrechtlichen Sanktionen geschützt werden. Es kann doch nicht angehen, dass die Krankenschwester, die einen Fehler des Chefarztes meldet, entlassen wird.

(Zwischenruf: Lars Lindemann [FDP]: Weil die das so gut beurteilen kann!)

– „Weil die das so gut beurteilen kann“: Stellen Sie doch eine Frage. Ich würde sie gerne beantworten und gerne etwas dazu sagen.

(Zwischenruf: Jörg van Essen [FDP]: Sagen Sie es doch einfach so!)

Auch im Idealfall lassen sich Fehler natürlich nicht gänzlich vermeiden, aber wird ein Patient heute Opfer eines Behandlungsfehlers, dann hat er eine sehr schwache Position. Er trägt ein hohes Prozesskostenrisiko, er muss sich mit einer jahrelangen, manchmal fast jahrzehntelangen Verfahrensdauer abfinden, und er trägt in den allermeisten Fällen die Beweislast. Auch hier wollen wir Verbesserungen.

Wir wollen, dass die Versicherten bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler einen Anspruch auf Unterstützung ihrer Krankenkasse haben, wir wollen spezielle Arzthaftungskammern der Landgerichte, wir wollen Instrumente
zur Beschleunigung des Verfahrens, und wir wollen die Beweislastumkehr immer dann, wenn Krankenhäuser oder Ärzte die entsprechenden Patientenunterlagen unzureichend, unvollständig oder verzögert
weiterreichen.

Abschließend komme ich noch zu einem wichtigen Punkt unseres Antrags, nämlich zu den kollektiven Beteiligungsrechten.
Die Patientinnen und Patienten werden nur dann von Betroffenen zu Beteiligten, wenn sie mitentscheiden und mitbestimmen können. Das beste
Beispiel dafür ist die Patientenbeteiligung im Gemeinsamen Bundesausschuss, also dem Gremium, in dem festgelegt wird, was zulasten der Krankenversicherung verordnet wird.

Wir haben die Mitwirkungsrechte der Patienten etabliert, aber sie haben noch kein Stimmrecht. Wir denken, dass es überfällig ist, dass die Patienten jetzt das Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss erhalten.

(Zwischenruf: Ulrike Flach [FDP]: Das hättet ihr doch gleich machen können!)

Unser Antrag fußt auf Eckpunkten, die wir in der vorigen Legislaturperiode in einem langen Diskussionsprozess mit vielen Beteiligten erarbeitet haben – mit Patientenselbsthilfegruppen, mit Hilfeverbänden, mit Juristen, mit Ärzten –, und deswegen sind wir der Meinung, dass dieser Antrag eine sehr gute Grundlage für die Erarbeitung eines Patientenrechtegesetzes ist, was der Patientenbeauftragte ja will. Der Patientenbeauftragte hat es ja mehrfach gesagt: Er möchte hier spätestens im nächsten Jahr ein Patientenrechtegesetz verabschieden.

(Zwischenruf: Jens Spahn [CDU/CSU]: Da ist ja noch ein bisschen Zeit!)

Ich bitte Sie herzlich, dass Sie unseren Antrag zur Grundlage dafür nehmen; denn wir haben mehrere Jahre gebraucht, um überhaupt die Eckpunkte zu erarbeiten.

(Zwischenruf: Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist wie mit der Bürgerversicherung! Sie sind ja immer langsam!)

Wir haben mit allen Verbänden und Vereinen, die betroffen sind, darüber gesprochen, und Sie werden bei Ihren Gesprächen mit Sicherheit zu keinem anderen Ergebnis kommen.

Wer heute noch der Meinung ist, wir bräuchten ein solches Patientenrechtegesetz nicht, dem empfehle ich nur Gespräche mit den betroffenen Patientinnen und Patienten. Sie werden dann zu dem Schluss kommen, dass wir ein solches Gesetz brauchen.

 
 

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